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Schweinfurths Sammlung botanischer Zeichnungen

Georg Schweinfurths Sammlung botanischer Zeichnungen im Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin

Georg Schweinfurth, 1836–1925, sah sich in erster Linie als Botaniker und Pflanzengeograf, forschte und publizierte aber auch ausgiebig in Geografie, Ethnologie, Anthropologie und Ägyptologie. Dabei hielt er seine scharfen und umsichtigen Beobachtungen nicht nur in klaren, anschaulichen Texten fest. Er vermochte auch als hervorragender Zeichner die Forschungsobjekte seiner ungewöhnlich breiten wissenschaftlichen Betätigung ebenso ansprechend wie instruktiv abzubilden. Schon zu Lebzeiten überließ Schweinfurth dem Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin-Dahlem seine in vier Foliobänden gebundene Sammlung botanischer Zeichnungen. Während des 2. Weltkrieges wurden diese zusammen mit kostbaren alten Abbildungswerken der Bibliothek und besonders wertvollen Teilen des Herbars in Stollen der Kali-Werke Bleicherode-Ost bei Nordhausen ausgelagert und überstanden so die Vernichtung von Herbar und Bibliothek durch Bombentreffer im März 1943. Allerdings erlitt ein Teil der ausgelagerten Bücherkisten, darunter auch die mit Schweinfurths Zeichnungen, im Depot starke Wasserschäden mit anschließendem Pilzbefall (Pilger 1953: 29). Zum Trocknen und Reinigen wurden die Zeichnungen aus den Foliobänden gelöst und, soweit nicht komplett zerstört, seither als Einzelblätter aufbewahrt.

Im Rahmen eines vom „Fördererkreis der naturwissenschaftlichen Museen Berlins e.V.“ finanzierten Projektes wurden die 624 erhaltenen Blätter, viele davon in fragilem Zustand, inventarisiert, digitalisiert, wissenschaftlich bearbeitet und hier zugänglich gemacht.


Georg Schweinfurth in Ägypten,
Assuan 1909 – Zeichnung von Maria Ressel

   
Schweinfurth zeichnete auf seinen Reisen mit bloßem Auge und auf ganz unterschiedlichen Papierformaten. Er benutzte Gänse- oder Putenfedern und schwarze Tinte, Bleistifte, Pinsel und Aquarellfarben oder Pastellkreiden. Vertreten sind so Schwarz-Weiß-Zeichnungen, leicht getönte Zeichnungen mit farbigen Akzenten, Aquarelle sowie Kreidezeichnungen. Ästhetisch ansprechend ergänzen sie anschaulich, die als Herbarbelege getrockneten Pflanzenproben: „Ich beschäftige mich daher auch sehr viel mit dem Analysieren und Zergliedern der Blüten und dem Abbilden der vergrößerten Organe sowie der ganzen Pflanzen. Für die Wissenschaft ist diese Arbeit von der größten Wichtigkeit, da wir natürlich an getrockneten Exemplaren nicht alles so genau erkennen können wie an frischen. Eine vollständige Analyse mit feinen Zeichnungen und 40 Figuren für eine Art nimmt einen vollen Tag in Anspruch.“ (Guenther 1954)
Neben diesen in Mappen gesondert aufbewahrten Zeichnungen gab es eine unbekannte Zahl von Zeichnungen, die direkt auf die Pflanzenbelege seines persönlichen Herbars montiert waren. Der Schweizer Afrikaforscher Alfred Kaiser (1862–1930) bemerkte dazu: „Zu jedem [Herbar-]Exemplar gehört nicht nur eine biographische, oft sogar illustrierte Skizze, sondern auch ein Beiwort über ihre Umwelt, ihre Wechselbeziehungen zu anderen Lebewesen, über ihren praktischen Wert für den Menschen etc.“ (Kaiser 1916) Von diesen Zeichnungen ist in Berlin nichts mehr erhalten, denn Georg Schweinfurths Herbar überstand bis auf wenige Exemplare den 2. Weltkrieg nicht: Es umfasste die für seine Zeit hohe Zahl von über 18 000 eigenen Sammelnummern (Mildbraed 1926), war zu seinen Lebzeiten als separate Sammlung im Botanischen Museum aufgestellt, wurde nach seinem Tod ins Generalherbar inseriert und verbrannte 1943 durch die Bombentreffer auf das Botanische Museum. Einzelne mit Zeichnungen versehene Herbarbelege finden sich aber heute noch unter den Dubletten seiner Herbarbelege, die von ihm großzügig an Spezialisten verteilt, heute in über 40 Herbarien (Stafleu & Cowan 1985) weltweit vertreten sind. Ein Beispiel ist der Beleg (Lectotypus) Schweinfurth 1751 von Gardenia aqualla in Kew.


Dracaena cinnabari, Asparagaceae;
Jemen, Sokotra, Wadi Kischen,
Mai 1881; Nr. 578

 

   
Schweinfurth zeichnete Pflanzen nicht für eine spätere Darstellung in einem Prachtwerk. Die Zeichnungen bieten Informationen, die so nicht in den Herbarbelegen ersichtlich sind. Dies wird zum einen in der charakteristischen Art der Darstellung, zum anderen in der Auswahl der Objekte deutlich. Oft sind Pflanzenelemente im Detail dargestellt, beschriftet und der Zusammenhang mit Herbarbelegen über Angaben wie Sammelnummer oder Fundort und Datum festgehalten. In den Zeichnungen abgebildet sind insgesamt etwa 320 Arten aus 209 Gattungen und 91 Pflanzenfamilien. Deutlich überproportional vertreten sind Sukkulenten, die sich naturgemäß nur mit mehr oder weniger großen Einschränkungen herbarisieren lassen (ca. 14 Gattungen, darunter mit je 18 Arten besonders zahlreich Aloe und Euphorbia sowie die Salzpflanzengattungen Salsola und Suaeda). Eine weitere Gruppe von Zeichnungen ist, aus ähnlichem Grund, saftigen Früchten einschließlich der von Kulturpflanzen gewidmet (z. B. Citrus, Ficus, Musa, Olea, Cucumis, Prunus, Persea, Solanum). Eine kleinere Anzahl von Zeichnungen zeigt die Vegetation von Wadis und Mangroven. Weiterhin finden sich in der Sammlung Habitusdarstellungen von Krautigen, Sträuchern und Bäumen, einschließlich spezieller Wuchsformen wie „Flaschenbäume“.


Commiphora kataf, Burseraceae; Sudan, Ras Ranai, März 1965; Nr. 165

   

Schweinfurths Sammlung botanischer Zeichnungen im BGBM enthält ferner fünf von ihm selbst aufgenommene Pflanzenfotografien und schließlich auch 24 Zeichnungen, die nicht von der Hand Schweinfurths sind: 16 Zeichnungen von Arten der sudanesischen Küstengebirge, meist vom Jebel Erkowit werden „Comte Marazzani“ zugeschrieben, dessen Identität noch nicht geklärt ist. Zwei anatomische Zeichnungen stammen höchstwahrscheinlich von G. L. Volkens (1855–1917), je eine Zeichnung ist von I. B. Balfour (1853–1922), C. G. T. Kotschy (1813–1866), A. Deflers (1841–1921) und „S. Campesio“ (Tochter von M. Campesio?) aus dem italienischen La Santa bei Monza.

Schweinfurths Pflanzenzeichnungen entstanden meistenteils direkt vor Ort auf seinen Forschungsreisen. Etwas mehr als 50 Zeichnungen dokumentieren kultivierte Pflanzen in öffentlichen und privaten Gärten in Ägypten, Italien (La Mortola), Frankreich (Menton) und Deutschland. Einzelne wenige Zeichnungen wurden nach Pflanzenbelegen in den Herbarien von Berlin und Sankt Petersburg angefertigt.

Eine chronologische Zuordnung der datierten Zeichnungen, von denen nur wenige Eingang in Schweinfurth Publikationen fanden, bietet die Zeittafel.

 

Pyrostegia venusta, Bignoniaceae; Ägypten, Kairo,
Garten von Comtesse Della Sala, März 1888; Nr. 132